Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Montag, 22. Dezember 2014

Sympathie und Empathie


Sympathie und Empathie, zwei Begriffe, die ähnlich klingen und sich dennoch in ihrer Anwendung und Wirkung grundlegend unterscheiden.

Haben wir uns schon mal gefragt, wie wir auf Andere wirken? Drehen wir den Spiess also ruhig mal um: Sind wir sympathisch? Nicht? Keine Sorge, ist nicht weiter tragisch. Sympathie an sich ist nämlich meistens nur oberflächlich und kann sehr gut als Tarnung für Unsicherheiten, Ablenkungsmanöver der eigenen Persönlichkeit dienen und lässt sogar Abgründe sehr gut kaschieren.

Mir ist bewusst, dass wenn ich jetzt eine tendenzielle Erfahrung wiedergebe, mir das einige als gewagt oder gar als Hochmut anrechnen werden. Ist euer Recht. Gebe es ja auch als eine persönliche Erfahrung, nicht als Dogma, wieder und möchte euch ermutigen, dasselbe auch mal auszuprobieren. Aber vielleicht habt ihr ja ähnliche Erfahrungen gemacht - wer weiss…

Ich habe viele Leute kennengelernt. Ja, ich weiss, das würde man mir vielleicht nicht unbedingt zutrauen, da ich eher ein zurückhaltender Mensch bin. Aber es ist in der Tat so. Und es gab Begegnungen mit Leuten, die mir von Anfang an sympathisch waren und die sehr offen und zugänglich schienen, während mir andere als komische Vögel vorkamen. Doch während die Zeit verging und man sich etwas besser kennenlernte, musste ich tendenziell eine erstaunliche Entdeckung machen: die "Sympathischen" erwiesen sich immer mehr als oberflächlich und nicht selten selbstverliebt, arrogant oder gar unehrlich. Die "Käuze" (ja, ich gehöre auch zu dieser Sorte) hingegen waren häufig eine wahre Offenbarung, regelrechte Goldgruben und wurden in einigen Fällen zu meinen besten Freunden.


Ist das jetzt ein Zufall? Mit Verlaub: ich glaube nicht. Ihr mögt mich fragen, warum ich so denke. Nun gut, ich versuche es - hoffentlich nachvollziehbar - aus etwas psychologischer Sicht zu erklären: Als Menschen, die geliebt sein wollen, suchen wir notwendigerweise nach Bestätigung. Und die erhalten wir immer zuerst dort, wo Menschen uns offen begegnen. In der Regel sind dies extrovertierte Personen, denen der Kontakt leicht fällt. Die Beweggründe solcher Leute können zwar viele sein, aber zum grössten Teil kratzt das Ganze eher nur an der Oberfläche. Nicht dass dies schlecht wäre - nur so nebenbei erwähnt. Aber das ist noch längst nicht alles! Hier bewegt man sich höchstens auf der Kumpelebene. Das nenne ich Sympathie. Etwas Erfrischendes, Angenehmes und Unverbindliches.

Sympathie ist zwar ein angenehmer Nebeneffekt in der heutigen, immer kälter und isolierter wirkenden Welt, erfüllt aber seinen Zweck nur dann, wenn es mit Empathie verwoben ist. Genauso wie ein von Spezialeffekten geschwängerter Film, der nur dann wirklich nachhaltig wirkt, wenn eine gute Geschichte zugrunde liegt. Sympathie ohne Empathie ist eine der wohl tragischsten Täuschungen und zieht schliesslich die ganze Aufmerksamkeit auf sich selbst, während Empathie sich für das Gegenüber interessiert. Lassen wir uns von der Sympathie allein nicht täuschen. Es gibt sehr viele Leute, die wenig oder gar keine Sympathie zu haben scheinen, denen wir sozusagen "unsere" Sympathie verwehren. Bringen wir aber etwas Empathie entgegen, werden wir unter Umständen wahre Schätze finden.


Sonntag, 21. Dezember 2014

Ach du liebe Zeit...

 

SPURWECHSEL

(Changing Lanes, USA 2002)

 


Genre: Gesellschaftsdrama
Regie: Roger Michell
Darsteller: Samuel L. Jackson, Ben Affleck, Toni Collette, Sydney Pollack
Musik: David Arnold
Laufzeit: 99 Min.
Altersfreigabe: 12
Themen: 
Zeit, Egoismus, Hass, Vergeltung, Erkenntnis, Vergebung


Na toll... Und jetzt?
Ein weiterer dieser Filme, welche durch einen hochgeschraubten Trailer falsche und irritierende Vorstellungen der Handlungsabläufe vermitteln und schliesslich den Zuschauer enttäuscht im Sitz zurücklassen. Ein weiterer Film unter vielen, der zu Unrecht in der grossen Menge flöten ging. Wohlverstanden, ein Meisterwerk ist „Spurwechsel“ nicht, erhebt auch nicht den Anspruch eines zu sein. Doch als Genre-Perle dürfte er ohne weiteres herhalten. Dafür spricht bereits die Ausgangslage der Geschichte ganz klar für sich:

Zwei Männer stehen sich auf der Autobahn gegenüber; beide steigen aus ihrem Wagen und können den unglücklichen Zusammenstoss mit ihren Autos nicht fassen. Beide haben ihre dringenden Termine und können es sich nicht leisten, diesen zu verpassen. Alles geht rasant und flüchtig vor sich; ein kurzer, unpersönlicher und oberflächlicher Wortwechsel und die Sache scheint geritzt. Doch als beide schliesslich an ihrem Zielort erscheinen, stellen sie mit Schrecken fest, dass sie die Aktenkoffer vertauscht haben...

Eure Ehren, keine Ahnung, wie dies passieren konnte!
„Spurwechsel“ fängt dort an, wo es in der modernen Gesellschaft nicht anders sein könnte: Oberflächlichkeit, Egoismus und Zeitmangel entfachen in zwei Männern ein Feuer des Zorns, welches die unschönen Seiten des Menschenseins zeigt. Mal subtil und ein andermal ungestüm, liefern sich zwei komplett unterschiedliche Männer einem Duell aus, welches eigentlich weder Gewinner noch Verlierer hervorbringen kann.

Packend inszeniert und hervorragend gespielt von Samuel L. Jackson und Ben Affleck führt „Spurwechsel“ den Zuschauer in die Abgründe von Hass, Vergeltung und Egoismus und lässt ihn mit ansehen, wie weit ein Mensch gehen kann, um auf seinem Recht bestehen zu können: nach und nach schwinden gute Werte dahin und das Gewissen stumpft ab. Ein Ende dieser Absurdität kann nur durch einen „Spurwechsel“ erfolgen. Was dies konkret heisst, muss jeder Zuschauer selbst herausfinden.

Geben Sie mir sofort meine Zeit zurück!
Wer hier aber einen gewissen Realismus erwartet, dem sei vorbeugend gesagt, dass die überzogenen Situationen absichtlich so bestärkt sind, um auf eine eindrückliche und eindringliche Weise die verschiedenen Motive hervorzuheben. Somit erreicht der Film das Ziel seiner Wirkung: „Spurwechsel“ provoziert, reisst mit, empört, ist voller Verwicklungen und Wendungen und gipfelt in einem überzeugenden Ende.

Wer also eine Vorliebe für Gesellschaftskritik in ihrer einfachen und alltäglichen Form hat, dem sei „Spurwechsel“ wärmstens empfohlen!

Punkte: 8 / 10

Montag, 15. Dezember 2014

Progressive Power Metal in Vollendung


SYMPHONY X 

The Divine Wings Of Tragedy 

(Metal, Progressive Power / Neoclassical Metal)


Alle kennen sie unterdessen auch ausserhalb der Metalszene: die Prog-Götter Dream Theater. Doch sie sind nicht allein. Während vor ihnen Bands wie Queensrÿche oder Fates Warning bereits vorspurten, haften den New Yorkern mittlerweile etliche Bands an den Fersen, die nicht einfach nur ein Plagiat ihrer musikalischen Paten sind, sondern sich eigenwillig entwickelt haben. Die grössten Mitstreiter auf Augenhöhe sind dabei Symphony X. Und obwohl beide Bands heute als die Speerspitzen des Prog Metal zählen, unterscheidet sich ihre Musik in grundlegenden Details. Während Dream Theater zunehmend mit allerlei musikalischen Einflüssen (hauptsächlich Prog Rock aus den 70ern) experimentieren und nicht selten klare Jazzeinflüsse auszumachen sind, ist Symphony X im Gesamtbild etwas weniger komplex und deutlich mehr dem Bereich der Neoklassik zugewandt, auch wenn dies auf den letzten drei Alben nicht mehr so ausgeprägt wahrnehmbar ist.

Symphony X ist ein Paradebeispiel davon, was dabei herauskommt, wenn man direkten, schnörkellosen Power Metal mit klassischer Musik kreuzt und es in progressive Elemente verschachtelt. "The Divine Wings of Tragedy" fasst dies auf eindrückliche Weise zusammen und macht es zu einem dieser Werke, die jeder Liebhaber von Prog Metal - aber eigentlich allgemein jeder Fan von gepflegtem Metal - kennen sollte.

Bereits nach den ersten Sequenzen von "Of Sins and Shadows" ist klar, wo der Hammer hängt. Symphony X geben den Tarif in geballter Ladung durch: Michael Romeo tanzt über die Saiten wie Malmsteen zu besten Zeiten, mit dem Unterschied, dass er den Riffs deutlich mehr Druck und Heavyness verleiht, während er die neoklassischen Gitarrenläufe mit erfrischender Leichtigkeit und Präzision spielt. Da fällt einem schlichtweg die Kinnlade herunter - nicht umsonst wird er unter den ganz grossen Metalgitarristen aufgelistet. Die Rhythmussektion harmoniert perfekt und gibt die Taktwechsel souverän wieder, während das Keyboard das neoklassische Element nicht als billig-klebrige Tortendekoration verschmiert, sondern sich atmosphärisch perfekt in den grossartigen Klangteppich einfügt. Heutzutage leider eine Attitüde, welche kaum noch Beachtung findet. Und dann ist da noch Russell Allen, der mit seinem Gesang so ziemlich jedem Power Metal Sänger die Stirn bietet: seine ausgewogene Mischung aus Rauheit, Aggressivität und das Feingespür für Melodie befördern den Symphony X-Sound endgültig in die oberste Liga.


Nun könnte man jedes einzelne Stück beschreiben, aber das gäbe nur ein unnötig langes Review. Einzig als komplettes Werk bleibt noch der knapp 21-minütige Titelsong zu erwähnen, den man nicht weniger als ein songwriterisches und technisches Meisterstück bezeichnen muss und der auf imposante Weise die Anmut der Klassik und die Härte des Metal miteinander verschmelzen lässt. Im Übrigen ein Merkmal, welches man auch in den kürzeren Stücken serviert bekommt, auch wenn deutlich komprimierter.

Wer "The Divine Wings of Tragedy" noch nicht kennen sollte und sich dieses Meisterwerk aus dem Jahre 1997 zu Gemüte führt, der wird verblüfft feststellen müssen, welch stilbildenden Einfluss Symphony X auf die heutige Power Metal Generation mit Prog-Elementen ausgeübt hat.
Mit "The Divine Wings of Tragedy" haben Symphony X nicht nur eines der bedeutendsten Prog Metal Alben veröffentlicht, sondern sich schon mal einen Ehrenplatz im Prog-Olymp gesichert.

Punkte: 10 / 10

 Credits: InsideOut Music 1997 / 2004 (Remastered Special Edition)

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Soldiers under God's command



 STRYPER

To Hell with the Devil

(Metal, White Metal, Glam / Hair Metal, Melodic Metal, Hardrock)


Mitte 80er und die härteste Musik der Welt erobert nicht nur Herzen und Charts, sondern steht vermehrt in Verruf im Bündnis mit dem Teufel zu stehen. Tatsächlich vermarktet sich das archaische und obskure Image von einigen Bands sehr gut und mitunter machen sogar okkulte und satanische Inhalte die Runde. Es wird zum Business. Die Folge: Rock und Heavy Metal wird generell verteufelt, Anklagen und Gerichtsverfahren werden eröffnet, die Jugend wird vor der kompletten Dekadenz gewarnt. Und mitten in diesem Tohuwabohu steht eine Band wie aus dem Nichts auf und stellt sich diesem durch die Medien hochgeschaukelten Image komplett quer: Die Schwarzgelb gestreiften "Soldiers under God's command" von Stryper.

Anfangs als Provokation empfunden und als Witzfiguren belächelt, stemmen sich die vier Herren aus Kalifornien gegen eine angeblich verteufelte Szene, welche mit Bands wie Venom, Mercyful Fate, Bathory, Possessed oder Hellhammer (später Celtic Frost) und der damit verbundenen ersten Black Metal-Welle einen vorläufigen Tiefpunkt in Sachen Okkultismus bzw. Satanismus erreicht hat. Während also von erwähnten Bands der Gehörnte beschworen wird, verkündigen Stryper unverhohlen das Evangelium. Mal jetzt abgesehen von gewissen grenzwertigen Methoden (z.B. das Publikum mit Bibeln "bewerfen") war die Botschaft von Stryper, angesichts von Titeln wie "In League with Satan", "Satanic Rites" oder "Burning in Hell", simpel und legitim - und zwar frei nach den Leitgedanken in etwa wie "Ja, wir sind Christen und ja, wir lieben Rock und Metal! Auch wenn wir gewisse Botschaften nicht gutheissen, ist Rockmusik nach wie vor ein Geschenk Gottes und wir rocken im Namen des Herrn!"

Während viele Bands - und zwar vorher und nachher - versucht haben, primär möglichst eine penetrante christliche Message in meistens qualitativ mittelmässige bis grauenhafte Musik zu verpacken, sind Stryper von Anfang an authentisch und professionell zu Werke gegangen. Ihr technisches und musikalisches Flair und ihr Wiedererkennungswert - vor allem Michael Sweets glasklare und starke Stimme, sowie Oz Foxs exzellentes Gitarrenspiel - machten sie umgehend zu einer ernstzunehmenden Grösse. Nicht zuletzt der hohe Airplayanteil im MTV neben Bands wie Mötley Crüe, Poison oder Bon Jovi spricht für sich.


"To Hell with the Devil" ist Strypers zweites und wichtigstes Album, der Titel ist Programm. Neben den Schmalzballaden "Honestly" und "All of me", welche sogar die Butter im Kühlschrank zum erweichen bringen, rockt der Rest der Scheibe flott durch die Runden. So wurden die Hits "Calling on You" oder "Free" nicht nur oft auf MTV gespielt, sondern auch immer wieder ausdrücklich gewünscht. Auch die etwas rassigeren Stücke "The Way", "More than a Man" und "Rockin' the World" stehen den Gelbschwarzen äusserst gut und zeichnen sich vor allem durch zweistimmige Gitarren, tolle Refrains und referenzwürdigem Gesang aus. Mit "Sing-Along Song" ist Stryper sogar eine regelrechte Hymne gelungen, die selbst eine eingenickte Kirchgemeinde aus dem Schlaf zu erwecken vermag. Aber der Hit schlechthin ist der Titelsong selbst: "To Hell with the Devil" stampft nicht nur musikalisch grossartig und souverän durch die Boxen, sondern ist zugleich eine Proklamation und ein furchtloses Bekenntnis davon, wo der Teufel hin gehört. Allein dieser Song gehört zum grössten Vermächtnis des Christlichen Metal.

Man kann von Stryper halten was man will, aber "To Hell with the Devil" hat den Christlichen Metal auf eine höhere Ebene gebracht und ihm den Stellenwert gegeben, den er heute hat. Sowas nennt sich Geschichte und die gehört nicht nur ins Archiv, sondern zwischendurch auch mal an die Lauscher. Um es mit einer Songzeile zusammenzufassen: Rock that lifts you up, it doesn't bring you down.

Punkte: 10 / 10

Credits: Hollywood Records 1986

Montag, 8. Dezember 2014

Der schwedische Schicksalsberg


AMON AMARTH

Versus The World

(Metal, Melodic Death Metal)


Dass die Schweden Musik machen können ist bekannt. Dass sie zeitlose Musik und legendäre Bands hervorgebracht haben, ist seit Abba, Roxette oder Europe kein Geheimnis mehr. Dass aber die Schweden auch die härteste Musik der Welt massgeblich beeinflusst und geprägt haben, dürfte den Unkundigen eher weniger bekannt sein. Nicht nur, dass die Schweden Hammerfall mit ihrem grossartigen Debutalbum "Glory to the Brave" eine zweite Metalwelle wieder so richtig ins Rollen brachten, auch bei der Weiterentwicklung im Bereich des Extreme Metal waren die Skandinavier stilbildend. So entwickelte die Göteborger Schule mit Bands wie At the Gates, In Flames oder Dark Tranquillity den Death Metal in eine merklich melodischere Richtung. Und auch eines der grössten Aushängeschilder dieser Ecke, wenn heute nicht gar das Flaggschiff schlechthin, sind die Stockholmer Amon Amarth (Deutsch: Schicksalsberg - aus J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe).

Während die einen ihnen Eintönigkeit und eine mangelnde Evolution ihrer Musik nachsagen, werden sie seit Jahren weltweit als eine der eigenwilligsten Bands und vor allem als beeindruckender Liveact gefeiert. Amon Amarth haben mittlerweile ihren typischen Sound mit sehr hohem Wiedererkennungswert entwickelt, was sie aus dem Einheitsbrei sehr vieler Bands heraushebt. Ihr schlichter, meistens im Mid-Tempo-Marsch gehaltener Melodic Death Metal wird oft fälschlicherweise auch dem Viking Metal zugeschrieben, was vor allem auf ihre Texte zurückzuführen ist. Diese handeln von epischen Schlachten, nordischer Mythologie und Wikingern - ohne jedoch den Anspruch zu haben, historisch korrekt zu sein.


Und genau so klingt Amon Amarths Mucke. Die markanten, simpel gehaltenen und melodischen Riffs graben sich umgehend in die Gehörgänge, der Rhythmusteppich agiert stets souverän und reisst den Zuhörer schier förmlich in den Kriegsmarsch mit und Johan Hegg besitzt nicht nur einen langen Bart und sieht ganz allgemein wie ein Wikinger aus dem Geschichtsbuch aus, er klingt auch dementsprechend: seine vom Growling tief gehaltene Stimme gehört zum epischsten - und zwar auch live! - was die Metalszene zu bieten hat.

"Versus the World" bedeutete für Amon Amarth den Durchbruch. Der Titeltrack selbst ist dabei eine Metapher auf die damalige Situation der Band, die nach 10 Jahren harten Tourens und drei bereits erschienen Alben nach wie vor auf sich selbst gestellt ist und gegen das knallharte Musikbusiness kämpft. Mit "Death in Fire" wird das Opus denn auch gleich mit einem mittlerweile zum Dauerbrenner gewordenen Stück der Band eingestimmt und zieht sich im Folgenden durch ein 48-Minütiges Abbruchspektakel sondergleichen - egal ob das Tempo hoch ist (For the Stabwounds in our Backs, Down the Slopes of Death, And soon the World will cease to be), man etwas ruhiger zu Werke geht (Across the Rainbow Bridge, Thousand Years of Oppression) oder sich im typischen Marsch durch die Felder kämpft (Where Silent Gods stand Guard, Versus the World, Bloodshed).

Um es kurz zu machen: Wer auf direktes, simples, anspruchsloses, aber technisch makelloses Geknüppel mit eingängigen Melodien steht, der kommt am schwedischen Schicksalsberg nicht vorbei. "Versus the World" ist dabei die erste Referenzscheibe im mittlerweile respektvoll angewachsenen Backkatalog der Band.

Punkte: 10 / 10

Credits: Metal Blade Recordings Inc. 2002 / 2009 (Remastered)

Freitag, 5. Dezember 2014

Dreschen und Knüppeln

 

FREAKINGS

Gladiator 

(Metal, Thrash Metal)


Thrash Metal ist eines dieser Subgenres, welches in Reinkultur heute kaum noch vorzufinden ist. Entweder trifft man auf eine erweiterte, oft mit Death Metal verschwägerte Form, die rhythmischere Variante des Groove Metal oder man hört vereinzelt Fetzen davon in Heavy bzw. Power Metal Bands. Das schlichte und ungehobelte Gedresche, welches man stilbildend z.B. auf den ersten drei Studioalben von Slayer hört, ist trotz einer neuen Welle des sogenannten Neo Thrash etwas aus der Mode geraten.

Den drei Herren von FreaKings aus Basel ist das eigentlich völlig Schnuppe, denn sie holzen mit ihrem zweiten Album "Gladiator" einen ganzen Wald kahl. Wies das Debut "No Way Out" vereinzelt noch Death Metal Elemente der alten Schule auf und erinnerte der Sound vor allem an ihre grossen Vorbilder Deliverance, Vengeance Rising oder Mortification, so hat man sich für die zweite Scheibe ein bisschen umorientiert: Die Handbremse ist komplett gelöst, es wird geknüppelt, was das Zeug hält und gefräst, dass die Späne nur noch so herumfliegen. Auch stimmlich hat man sich dem neuen Sound angepasst und schreit sich in bester Lemmy-Manier die Seele vom Leib.


"Gladiator" ist in der Tat "Pure freakin' Thrash Metal" der Alten Schule, ohne Kompromisse. Elf Stücke, die von der Technik her nicht selten an die besten Tage von Slayers "Hell Awaits" oder "Reign in Blood" (Jaja, ich weiss, das ist Sakrileg...) erinnern, auch wenn sie verständlicherweise deren Klasse natürlich nie erreichen. Trotzdem ist FreaKings' musikalische Entwicklung lobenswert, da man nicht verkrampft versucht, nach irgendwelchen Vorbildern zu klingen, vielmehr die Mucke spielt, die wirklich Spass macht. Und handwerklich können sich die Jungs absolut hören lassen!

So ist das Album lückenlos wie aus einem Holz geschnitzt, nichts aufgepfropft, angebunden oder angeklebt. Dies mag den Thrash Maniac zwar total begeistern, klingt aber für den allgemeinen Metaller mit der Zeit dann doch etwas zu monoton. So lassen sich selbst nach mehreren Durchläufen kaum grosse Unterschiede von einem Song zum andern feststellen. Man wird, um nochmals die Analogie zum Holz zu gebrauchen, praktisch rastlos durch den Wald gehetzt. Wer sich also im Headbanging in Ausdauer üben möchte, der wird in "Gladiator" seinen Meister finden.

Unter dem Strich ein solides Album, welches das Debut in allen Belangen hinter sich lässt und sich damit grossen Respekt in der Thrash Metal Szene - und zwar nicht nur in der Schweiz - einheimsen sollte. Verdient hätten es die Herren allemal.

Punkte: 8 / 10

 Credits: www.freakings.ch (Eigenproduktion)