Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Montag, 21. März 2016

Veredelte Prügelei



[Im WebZine Whiskey-Soda veröffentlicht]


AMON AMARTH

Jomsviking

(Metal, Melodic Death Metal)



Eigentlich muss man den schwedischen "Schicksalsberg" nicht mehr näher vorstellen. Jedem Metaller - egal, ob von der älteren Garde oder von den neuen Jüngern - ist Amon Amarth in all den Jahren zu einem Begriff geworden, den man mit brachial-hymnenhaften Metal und einer grossartigen Liveband verbindet. Die einstig kompromisslosen Prügelknaben aus "Once sent from the Golden Hall" haben sich mit jedem Album weiterentwickelt, ohne ihren grundlegenden Kurs zu verlassen. Auch wenn spätestens seit ihrem Durchbruch mit "Versus the World" und den nachfolgenden Alben die ersten Nasenrümpfer der hartgesottenen Death Metal Fans kamen, die ihnen Verrat an ihren Wurzeln nachsagten. Aber so ist es nun mal, wenn man zunehmend mehr Budget für die Produktionskosten zur Verfügung hat und entsprechende Optimierungen anbringen kann. Den Einen ist es dann halt eine Kante zu viel, die abgebügelt wurde, während sich die Anderen über glasklare technische Finessen und Neuerungen freuen.

Und das wird sich auch mit dem neusten, unterdessen bereits zehnten Werk "Jomsviking" nicht ändern. Ich wage sogar zu behaupten, dass viele Fans der ersten Stunde jetzt erst recht dem Schicksalberg den Rücken zuwenden werden, denn das Album ist die konsequente Evolution von "Surtur Rising" und "Deceiver of the Gods". Konkret heisst dies, dass die Einflüsse der klassischen Helden der Marke Priest, Maiden, Accept und Metallica noch ausgeprägter durchschimmern, was sich vor allem an den zweistimmigen Gitarrenläufen heraushören lässt, die sich perfekt mit den typisch epischen Amon Amarth-Riffattacken paaren und die Songs noch ausgefeilter und durchdachter präsentieren. Beste Beispiele dafür sind 'On a Sea of Blood' oder 'At Dawns First Light'. Zudem lautet die Devise "Weniger ist Mehr". Will heissen, dass man sich nicht blindlings und kompromisslos ins Geprügel stürzt, sondern gekonnt die ungebündelte Aggression - die Amon Amarth so gross machten - dosiert aufs gesamte Album verteilt und damit sogar bei eher moderat anmutenden Songs wie 'Wanderer' oder 'One thousand burning Arrows' durchweg bleischwer wirkt, um dann mit 'The Way of the Vikings' alles in Grund und Boden zu stampfen. Die typischen Kracher wie der Opener 'First Kill' und 'One Against All' sind dann gewohnt grosses Kino, wie auch das folkisch angehauchte 'Raise your Horns', welches wie eine richtige Wikingerhymne anmutet. Tatsächlich braucht der eine und andere Song etwas Angewöhnungszeit, doch wer kein Problem damit hat, dass Amon Amarth ihre Gradlinigkeit auch mal zugunsten ihrer musikalischen Vorbilder opfern, der dürfte auch an Songs wie 'Vengeance is mine' oder 'A Dream that cannot be' (Duett mit Doro Pesch!) grossen Gefallen finden. 'Back on Northern Shores' fängt dann als Abschlusstrack alle Elemente und Stärken nochmals ein und bündelt sie in einem einzigen Song vortrefflich zusammen.


Man kann es drehen und wenden wie man will, aber in ihrer Einfachheit einprägsame und epische Melodien zu erschaffen und gleichzeitig in ein wuchtiges Soundgewand einzupacken, darin sind Amon Amarth auch im 2016 unschlagbar. Es kommt nicht von ungefähr, dass diese Herren mit ihrem Sound breitgefächert sozusagen die gesamte Metalszene ansprechen. Egal, ob kompromissloser Death Metaller oder eher in den klassischen Heavy beziehungsweise Power Metal Gefilden zu Hause - an "Jomsviking" (übrigens ein Konzeptalbum über die Saga eines gefürchteten wikingischen Söldnerbundes) führt kein Weg vorbei. Amon Amarth stellen mit diesem ambitionierten Werk klar, dass sie zu Recht zu den grössten Metalacts der Gegenwart gehören. Überzeugt euch selbst!

Punkte: 9.5 / 10

Credits: Sony BMG Music Ent. 2016

Donnerstag, 3. März 2016

Melodic Metal in Vollendung



[Im WebZine Whiskey-Soda veröffentlicht]


INNERWISH

Innerwish

(Metal, Melodic Metal)


1995 gegründet und 1998 mit dem ersten Album auf dem Konto, gehören die Griechen Innerwish zu den Mitgestaltern der zweiten Metalwelle, die durch das legendäre "Glory to the Brave"-Album von Hammerfall ausgelöst wurde. Allerdings dauerte es ein paar Jahre, bis man durch die beiden Nachfolgeralben "Silent Faces" (2004) und "Inner Strength" (2006) doch noch auf diese eher im Underground agierende Band aufmerksam wurde. Aber spätestens seit ihrem letzten Album "No Turning Back" ist Innerwish ein Begriff für Freunde von Bands der Marke Hammerfall, Primal Fear, Brainstorm oder Iced Earth geworden. Seither sind nahezu sechs Jahre vergangen, in denen die Band vor allem auch die Trennung von Sänger Babis Alexandropoulos, der sich ganz auf seine Karriere als klassischer Tenor ausrichten wollte, verarbeiten musste. Dennoch fokussierte sich die Band unbeirrt aufs Songwriting fürs neue Album, obwohl der neue Sänger erst später während dem Schreibprozess in George Eikosipentakis gefunden wurde. Das Resultat liegt nun mit dem fünften, schlicht selbstbetitelten Album vor.

Was nach der ersten, umgehend die Haare nach hinten pustende Gitarrensalve, sofort auffällt, ist der neue Mann am Mikro: Bedeutete Babis Alexandropoulos ein schmerzhafter Verlust, so stellt George Eikosipentakis mit seiner noch versierteren Stimme klar, dass er ein absoluter Glücksgriff ist. Dieser Mann, der vor allem in den tieferen und raueren Tonlagen des Öfteren an den unvergleichlichen Russell Allen von Symphony X erinnert, verleiht dem ohnehin schon gewohnt herausragenden Sound von Innerwish den ultimativen Qualitätsschliff. Doch damit noch lange nicht genug. Denn was die sechs Hellenen hier mit ihrem Album vorlegen, ist im wahrsten Sinn des Wortes monumental! 13 Songs bei einer Spielzeit von 67 Minuten sind zwar alles andere als Fastfood-Kost, doch wenn man qualitativ dermassen königlich verpflegt wird, geniesst man jeden Augenblick davon in vollen Zügen, um dann nach einer gehörigen Verdauungspause wieder von Vorne zu beginnen.


So werden die Nackenmuskeln mit dem Opener 'Roll the Dice' schon mal gehörig aufgewärmt, um sie dann bei 'Broken', zusätzlich mit Luftgitarre ausgerüstet, ausgiebig zu verwöhnen. Nun könnte man diese Formel über die gesamte Albumlänge durchziehen und es würde nicht langweilig, denn das Songwriting ist selbst bei diesen einfachen Songs bis ins letzte Breakdetail durchdacht. Aber Innerwish drosseln das Tempo und stampfen mit 'Modern Babylon' und 'Machines of Fear' zwei Hymnen aus dem Boden, bei dem die Faust unweigerlich in die Luft gereckt wird, um dann mit dem nachfolgenden 'Needles in my Mind' gekonnt sogar bis ins Hardrock-Gefilde auszuwandern. Spätestens hier wird klar, welche Vielfalt an Pfeilen sich im Köcher befinden. Und jeder dieser Pfeile trifft ins Schwarze! Seien es simple, von Innerwish ohnehin bereits gewohnten Power Metal-Kracher mit hohem Melodiefaktor wie 'My World on Fire', 'Rain of a Thousand Years' oder 'Sins of the Past', der schleppend-melancholische Reisser 'Through my Eyes', das progressiv angehauchte 'Serenity', die akustische Perle 'Cross the Line' oder der bombastisch-symphonische Abschlusstrack 'Tame the Seven Seas' - geboten wird durchweg hochkarätiges, ja referenzwürdiges Material, welches im Bereich des Melodic Metal seinesgleichen sucht und in dieser Vielfalt und dem darin gebotenen Niveau neue Massstäbe setzen dürfte. Das Geheimrezept liegt einer dezent mediterran-folkloristischen Note zugrunde, welche in Songs wie 'Broken', 'Through my Eyes', 'Needles in my Mind', 'Zero Ground' oder 'Cross the Line' etwas ausgeprägter zur Geltung kommt und Innerwish damit einen eigenwilligen Soundcharakter verleiht.


Um es kurz auf den Punkt zu bringen: exzellent, umwerfend, schlicht meisterhaft! Statt auf Nummer Sicher zu gehen und folglich ein eher formloses Standardwerk mit den bewährten, qualifizierten und beliebten Attributen rauszuhauen, nehmen die Herren ihr Werkzeug selbstbewusst in die Hand und kreieren damit voller Leidenschaft ein regelrechtes, in Stein gemeisseltes Denkmal, welches jeden griechischen Metaller mit Stolz erfüllen und jeden Anhänger von traditionell ausgerichtetem Metal begeistern wird.
Das Jahr ist zwar noch jung, doch jede Scheibe im Bereich des Melodic Metal wird sich im 2016 an diesem Referenzwerk von Innerwish messen müssen.
Standing Ovation!

Punkte: 10 / 10

Credits: Ulterium Records 2016


Donnerstag, 21. Januar 2016

Junge Erben einer glorreichen Ära


[Im WebZine Whiskey-Soda veröffentlicht]


STRIKER

Stand In The Fire

(Metal, Heavy Metal)


Es ist schon interessant, wie jenseits des grossen Teichs die Uhren zwischen Kanada, USA und dem südlichen Teil von Amerika auch musikalisch komplett anders ticken. Während in den USA immer noch grosszügig die Core-Kuh ausgemolken wird, im lateinamerikanischen Teil schon seit Jahren mitunter die symphonische Power Metal-Schiene eingeschlagen wurde, ist Kanada auf einen neuen Trend mit aufgesprungen, der in Deutschland bereits seit Jahrzehnten zwar diskret, aber beständig existiert und in Schweden aus der jungen Hardrock-Welle heraus entstanden ist. Die Rede ist von einer Art "New Wave of Heavy Metal", die Bands mit ihrem unüberhörbaren Hang zu typischen 80's-Klängen in Verbindung bringt und die mittlerweile eine bemerkenswerte Liste von Bands vorzuweisen hat. So hauen Striker wie ihre Landsleute von Skull Fist in dieselbe Kerbe und wollen mit ihrem bereits vierten Longplayer die Welt der 80er aufleben lassen.

Kompromisslos, taufrisch und ohne jeglichen Schickschnack legen die Herren mit 'Phoenix Lights' los und geben damit schon mal den Tarif für das gesamte Album durch. Die Produktion ist ziemlich grell und kantig und man könnte meinen, direkt im Proberaum zu sitzen. Tatsächlich ist dies beabsichtigt und erzeugt damit einen authentischen und live-ähnlichen Sound, was der Band sehr gut zu Gesichte steht. Zudem fühlt man sich augenblicklich in die 80er versetzt, wenn sich sägende Gitarrenriffs mit eingängigen Harmonien und kraftvollen Vocals paaren. Aber Striker sind weitaus mehr als ein billiges 80's-Plagiat oder eine simple Retro-Band. Mit ihrer stürmischen Mischung aus traditionellem Heavy Metal, Hair Metal und sogar einem Schuss Thrash Metal, bringen sie die Wohnzimmerwände zum wackeln und die Konzerthallen zum kochen. Ob es schlussendlich die rabiaten 'Out for Blood', 'Outlaw' oder 'Locked In', oder die hymnenhaften 'Too Late' oder 'United' sind, spielt im Endeffekt keine Rolle - sie alle verfügen über die Klasse, welche perfekt in die glorreiche Ära der 80er gepasst hätte. Ob es dabei auch die Ballade 'One Life' wirklich gebraucht hätte, sei mal stillschweigend dahingestellt.


Ja, die Erbschaft der traditionellen Stahlschmiede geht an die nächste Generation weiter. Trotz aller Vielfalt und Weiterentwicklung im Sektor der härtesten Musik der Welt ist es erfreulich und lobenswert, dass sich vermehrt junge Bands auf ihre Wurzeln besinnen, statt verkrampft das Rad neu erfinden zu wollen. Striker beweisen mit "Stand in the Fire" eindrücklich, wie zeitlos und unprätentiös das Vermächtnis des Hard'n'Heavy der 80er ist. Und solange diese Attitüde vorhanden ist, muss man sich um die Zukunft des Metal keine Sorgen machen. Play it loud!

Punkte: 8.5 / 10

Credits: Eigenproduktion Striker 2016