Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Donnerstag, 27. August 2015

(Un-)Vergänglichkeit


Die Einen erleben sie relativ häufig, andere werden davon etwas mehr verschont: Die Momente im Leben, wo einem Hände und Füsse gebunden sind und man machtlos dem Schicksal überlassen ist. Mitteilungen über schwere Krankheiten, Tumore, ja, bis hin zu Todesnachrichten, können einem buchstäblich den Boden unter den Füssen wegnehmen. Die Sonne im Leben wird zur dunklen Nacht, das fröhliche Gelage zum Jammergesang. Sie machen uns allen klar, dass unser Leben beschränkt und endlich ist. Der Kampf und das Ringen ums Leben beginnt. Aber ist Leben wirklich nur Überleben? Mit Verlaub, ich glaube nicht...


Ironischerweise stellen sich uns gerade in solchen Situationen die essentiellen Lebensfragen. Wir wollen uns mit der einfachen Antwort, welche der entsprechende Lagebestand unbeirrt liefert, nicht zufrieden geben. Die Suche nach Trost und Hoffnung sind mehr, als lediglich der Versuch zu überleben - sie sind das Tor zum Leben und die Berührung mit der Unvergänglichkeit. Es wird einem klar, dass der Mensch mehr ist, als eine blosse Hülle, die irgendwann einmal vom Erdreich verschluckt sein wird. In dieser Hülle nämlich, steckt nebst aussergewöhnlichem Potential an Denken und Handeln auch die Fähigkeit des Empfindens und des Liebens. Es ist die Gewissheit, dass das Leben einen Sinn hat - sowohl für mich, wie auch für mein Gegenüber. Ich bin ein Auserwählter aus millionen von Spermien, ein wichtiges und wertvolles Individuum, welches sich auf einzigartige Weise den Aufgaben des Lebens stellt. Die dabei häufig entstehende Frage "Warum gerade ich? Warum muss ausgerechnet mir dies passieren?" bleibt meistens unbeantwortet und deutet darauf hin, dass die Antwort in einem grösseren und weit höheren Zusammenhang stehen muss. Jedenfalls gibt der natürliche Kreislauf des Lebens selbst keine faire Antwort darauf. Der Urheber des Lebens hingegen bietet darin eine weitaus grössere Perspektive.

Doch ob uns dies bewusst ist oder nicht, hinterlassen wir Spuren im Leben: einige sind gut sichtbar, andere eher kaum wahrnehmbar. Einige Personen konnten grosse Schritte machen, andere dafür nur ganz wenige. Aber am Ende ist Jeder auch wiederum nur ein Teil des ganzen Geschehens. Egal, ob ich das Privileg einer tollen Ausbildung und eines lukrativen Geschäfts hatte oder ob ich lediglich mein ganzes Leben lang auf der Flucht war oder ums nackte Überleben kämpfte - meine Einstellung und meine Haltung zum Leben und zu meinen Mitmenschen werden meine Taten ausmachen.

Somit ist das Leben an sich zwar vergänglich - und wir können uns in der Tat privilegiert und glücklich schätzen, wenn wir gesund sind! - aber was wir schliesslich davon hinterlassen, bleibt als Erinnerung unvergänglich zurück. Welches Vermächtnis wir auch immer hinterlassen werden, legen wir im Umgang mit unserem Leben und deren Umständen fest.
Möge es - allen Umständen zum Trotz - ein inspiriertes und inspirierendes Leben sein!



Samstag, 22. August 2015

Leder, Ketten und Nieten

JUDAS PRIEST

Defenders Of The Faith

(Metal, Heavy Metal)


Wenn es darum geht, die Anfänge des Heavy Metal geschichtlich zu erläutern oder zumindest wichtige Bands zu erwähnen, fallen fast ausnahmslos die Namen Led Zeppelin und vor allem Black Sabbath. Eine Band findet darin meines Erachtens schlichtweg zu wenig Erwähnung: Judas Priest. 1969 als Bluesband gegründet, spielten sie auf ihrem Debut noch eine Mischung aus Blues und Garagenrock, wandten sich aber bereits auf ihrem Nachfolger "Sad Wings of Destiny" ansatzweise härteren Klängen zu, um dann anschliessend mit "Sin after Sin" und vor allem "Stained Class" eines der prägendsten Frühwerke des Heavy Metal zu schmieden. Zudem tourten sie als Vorband von Led Zeppelin und AC/DC. Der Durchbruch kam dann 1980 mit dem Album "British Steel", welches das Fundament legte, damit Bands der 'New Wave of British Heavy Metal' wie Saxon, Def Leppard oder Iron Maiden gross durchstarten konnten.

Und kurz bevor Heavy Metal so richtig zu Höhenflügen ansetzte, erschien "Defenders of the Faith". Bedeutete "British Steel" der Durchbruch, so war "Point of Entry" eine Ernüchterung. Doch wetzte man mit "Screaming for Vengeance" schon mal die Krallen, so zerfetzte "Defenders of the Faith" alles bisherige Priest-Material im Nullkommanichts und bescherte der Szene ein in Stahl gehämmertes Monument. K.K. Downing und Glenn Tipton liefern sich Rifforgien en masse und Rob Halford schreit sich im wahrsten Sinn des Wortes die Seele vom Leib. Zum wiederholten Mal prägen die fünf Stahlmänner aus Birmingham die harte Rockmusik und bestätigen sich zudem als Verkörperung des Leder-, Ketten- und Nietenimages.


Hand aufs Herz, wer bei Stücken wie 'Freewheel Burning', 'The Sentinel' oder 'Heavy Duty / Defenders of the Faith' regungslos und apathisch bleibt, der hat von Heavy Metal vermutlich nichts verstanden. Und wer sich bei 'Rock Hard Ride Free' nicht am liebsten umgehend auf die nächste Harley setzen möchte, um mit dem Wind im Gesicht auf einer epischen Strecke los zu brettern, der ist echt zu bedauern. 'Defenders of the Faith' fasst nochmals alles zusammen, was Judas Priest seit ihrem ersten Album in der Szene der harten Rockmusik ausmacht: nicht nur eine stilprägende, sondern auch eine stilbildende Band ist hier am Werk, die sich den Begriff "Metal Gods" diskussionslos verdient. Metallica oder Iron Maiden mögen inzwischen mehr Scheiben verkauft haben und haben die grössere Anhängerschaft, aber Judas Priest ist und bleibt die erste Adresse des Heavy Metal in Reinkultur und dieses Album legt eindrücklich Zeugnis davon ab. Allein die Tatsache, dass die Herren sechs Jahre später - also am Ende der glorreichen Metal-Ära - dem Ganzen mit "Painkiller" noch eins draufsetzten, dürfte wohl den hintersten und letzten Nörgler zum verstummen gebracht haben. Aber das ist dann wiederum eine ganz eigene Geschichte...

Man kann es drehen und wenden wie man will, 'Defenders of the Faith' ist ein staubloser Klassiker, der sich eigentlich von selbst erklärt und in jede ernstzunehmende Metalsammlung gehört, basta.

Punkte: 10 / 10

Credits: Columbia / Sony Music Entertainment 1984 / 2001 (Remastered)

Donnerstag, 13. August 2015

Riot - unsterblich - Riot V


RIOT

Unleash The Fire


(Metal, Heavy/Power/Speed Metal)


Im Gegensatz zum europäischen Power Metal, der sich spätestens nach den beiden Keeper-Alben von Helloween etabliert hat und heutzutage im modernen Gewand nicht selten am Rand des Kitsch taumelt und damit vor allem die etwas härtere Metallerecke zu Nasenrümpfen und Apathie veranlassen, existiert die etwas kantigere Version aus den Staaten hauptsächlich im Untergrund und konnte kaum das grosse Los ziehen. Bands wie Metal Church, Vicious Rumors, Savatage oder Crimson Glory keimten zwar auch in den 80ern auf, wurden aber durch die deutlich kommerziellere Ausrichtung des europäischen Pendants zunehmend ignoriert und dafür umso mehr zu Kultbands, die aber heute eine regelrechte Renaissance feiern. Eine davon ist Riot. Ihre Werke "Fire Down Under" und vor allem "Thundersteel" werden unter Insidern als zwei der bedeutendsten Power/Speed Metal-Alben gefeiert.

Als Ende 2011 mit "Immortal Soul" Riot abermals nach den Sternen zu greifen schienen und nach 23 Jahren nochmal so richtiges Thundersteel-Feeling aufleben liessen, folgte kurz darauf die Hiobsbotschaft: Mark Reale, Gitarrist, Mitbegründer und Kopf der Band erlag seiner langjährigen Morbus-Crohn-Krankheit. Dennoch beschliesst die Band 2013 unter dem Namen Riot V die Geschichte fortzusetzen.

"Unleash the Fire" ist somit mitunter ein Tributalbum an Mark Reale geworden, dem gerade mal ganze zwei Songs ("Immortal" und "Until we meet again") unmissverständlich gewidmet sind. Aber wie klingt das Album? Kann Riot ohne Mark Reale überhaupt existieren? Das war die grundlegende Frage und die grössten Bedenken unter Fans und Kritikern. Doch was hier aus den Boxen brettert kommt völlig unerwartet und dürfte jeden einzelnen Skeptiker eines Besseren belehren, die Kinnlade mächtig nach unten ziehen und sogar die eine oder andere Freudenträne in die Augen treiben. Ein grosser Verdienst dafür bildet der neue Sänger Todd Michael Hall, der seine Künste bis in die hohen Tonlagen schlicht tadellos meistert und so dem typischen Riot-Sound die perfekte Stimme verleiht. Aber auch strukturell hat man sich nicht einfach generell auf das Referenzalbum "Thundersteel" beschränkt, um es dann krampfhaft zu kopieren versucht; die Atmosphäre des Klassikers aus dem Jahre 1988 ist zwar allgegenwärtig (und dies zum guten Glück und völlig zurecht!), doch Riot machen auch vereinzelt Gebrauch von etwas moderneren Elementen, was gewissen Songs deutlich mehr Groove verleiht und das Album so, trotz mehrheitlich hohem Tempo, sehr abwechslungsreich macht.


Ich mache mir gar nicht erst die Mühe, auf einzelne Songs einzugehen, denn wer das Album erstmal in den Player geschmissen hat und von den ersten Klängen begeistert sein wird, der wird "Unleash the Fire" nicht mehr weglegen wollen. Die Gitarren flitzen wie eh und je, die Hooks gehen sofort ins Ohr und entfalten sich innert Kürze zu Mitsinghymnen und die Rhythmussektion stampft und prügelt sich heroisch durch die herrlich old-schoolische, trockene Produktion. "Unleash the Fire" ist in der Tat ein Vorzeigealbum, welches weder im Schatten von "Thundersteel" steht, noch sich hinter der altbekannten und schon gar nicht aktuellen Konkurrenz zu verstecken braucht. Meiner Meinung nach - mit allem gebührenden Respekt Mark Reale gegenüber - haben sich Riot hier sogar selbst übertroffen und ihr Referenzalbum abgelöst. Ein Hoch auf die Renaissance des Edelstahls der Alten Schule!

Punkte: 10 / 10

Credits: Steamhammer / SPV GmbH 2014