Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Montag, 22. Juni 2015

Dynamit aus Dänemark



D:A:D

Riskin' it all

(Rock, Hardrock, Sleaze Rock)


Es ist das Jahr 1989 und die glorreiche Hard'n'Heavy-Ära scheint den Zenit erreicht zu haben und bietet kaum noch nennenswerte Innovationen, es sei denn noch mehr Hairspray, ausgefallenere Kleider und Schminke. Aber Moment mal, da waren doch noch diese Jungs aus Dänemark... Genau, D:A:D, um präzise zu werden. Mit simplem, eingängigem und melodischem Rock - angereichert mit Sleaze Rock und einem Schuss Punk - verblüffen die dänischen Freaks bei ihrem dritten Album "No Fuel left for the Pilgrims" in einzelnen Songs mit der Verwendung von Gretsch-Gitarren. Dieser unvergleichlich warme Klang verleiht den Songs ein unwiderstehliches Wildwest-Feeling und erobert damit im Nu die mittlerweile mitunter etwas Ideenlos gewordene Hard'n'Heavy-Szene. "Sleeping my Day away" wird zum Gassenhauer, doch auch Songs wie "Girl Nation", "Point of View" oder "Rim of Hell" mausern sich zu unsterblichen Hits. Die Frage war natürlich, was nach einem solchen Feuerwerk überhaupt noch folgen könnte. Nun, die Antwort heisst "Riskin' it all".

Zwei Jahre nach dem Durchbruch von "No Fuel left for the Pilgrims" legen D:A:D scheinbar unbekümmert nach. Völlig unbeeindruckt vom Erfolg des Vorgängers und unverkrampft schmettern die vier Dänen 11 Songs von ihren Instrumenten, als hätte es den Vorgänger gar nie gegeben. Also wieder Gretsch-Gitarren und Wildwest-Feeling? Jein. Einen Überhit wie "Sleeping my Day away" sucht man genauso vergebens, wie Songs mit der expliziten Verwendung des Gretsch-Klangs. Und dies mag auf den ersten Hörgenuss etwas ernüchternd oder enttäuschend klingen. Doch hat man die Scheibe erst mal ganz durch, wird man eingestehen müssen, dass D:A:D auf "Riskin' it all" alles richtig gemacht haben:


Das Songwriting ist ausgereifter, die Ideen frischer und vor allem ausgewogener. Es fehlt zwar der Referenzsong, doch das machen die Dänen mit viel Abwechslung locker wieder wett. Denn im Gegensatz zum Vorgänger befinden sich auf "Riskin' it all" keine Füllersongs und Durchschnittsware der Marke "Zcmi", "True Believer", "Siamese Twin" oder "Overmuch". Das Spektrum reicht von flotten Rockern wie "Bad Crazyness", "Rock 'n Rock Radar" oder "Makin' Fun of Money", über stimmungsvolle Bikerhymnen wie "D-Law", dem reisserischen Titeltrack, dem Lagerfeuersong "Laugh 'n a 1/2", bis hin zu bluesigen oder gar jazzig angehauchten Nummern wie "I won't cut my Hair" oder "Down that dusty 3rd World Road". Und bei "Day of Wrong Moves" und "Grow or Pay" gibt's sogar eine Wiederbegegnung mit der Gretsch-Gitarre, während man bei "Smart Boy can't tell ya'" bis in die punkigen Gefilde vorrückt.

Ja, weder der aufkeimende Deprosound des Grunge konnte dieses Juwel ersticken, noch die Kampfansage und Anklage von Disney aufgrund des Bandnamens die musikalische Ausrichtung der Band durcheinanderbringen. D:A:D, ursprünglich die Abkürzung für Disneyland After Dark, hielten unbeirrt an ihrem Weg fest und verarbeiteten solche Kümmernisse und Probleme der Anderen in ihren ironisch-humorvollen Texten.

D:A:D, das ist Dynamit aus Dänemark - zumindest und zuallererst mal musikalisch.

9 / 10

Credits: Warner Bros. Records / WEA International Inc. 1991



Sonntag, 14. Juni 2015

Die kanadische Metal Queen


LEE AARON

Bodyrock

(Rock, Hardrock, AOR)


Sie war in einer von Männern dominierten Musikszene die hochgelobte Metal Queen der 80er und teilte diesen Titel - zumindest was den Bekanntheitsgrad anbelangt - mit der deutschen Blondine Doro Pesch: die Rede ist natürlich von niemand anderem als von der Kanadierin Karen Lynn Greening, besser bekannt unter dem Namen Lee Aaron. Und auch wenn Lee Aaron mit dem Titelsong "Metal Queen" lediglich eine Anspielung aus dem Trickfilm "Heavy Metal" und die darin thematisierten Stereotypen verarbeitet, wird ihr auch gerade aufgrund des kommerziellen Erfolg des Albums fortan der Titel angeheftet, auch wenn Lee selbst immer wieder in Interviews beteuerte, dass sie selbst sich nicht als Metal Queen sehe.

Jedenfalls bescherte der Titel Lee Aaron die beste Grundlage, um musikalisch als Rockerbraut so richtig durchzustarten. Nicht nur weil die gute Frau eine Augenweide war - und es auch heute nach wie vor ist (und ja, das darf man auch ungeniert als verheirateter Mann sagen, wie auch als Frau neidlos anerkennen dürfen) - sondern auch stimmlich die Männerdomäne eroberte. Bis in die Anfänge der 90er beglückte Lee Aaron als Metal Queen das Goldene Zeitalter des Heavy Metal mit einfachem, eingängigem und radiotauglich ausgerichtetem Hardrock, den man heute höchstens noch als Heavy Rock, Melodic Rock oder AOR einstufen würde. "Bodyrock" aus dem Jahr 1989 bildet dabei den Höhepunkt aus kreativer Sicht und fasst die musikalische Bandbreite am besten zusammen.


Zwar erfindet Lee Aaron weder den Hardrock neu, noch findet man in ihrer Mucke irgendwelche innovative oder prägende Genreelemente. Die Musik an sich ist solid, kurzweilig und abwechslungsreich, besticht aber durch die erfrischende Gitarrenarbeit von John Albani und der herausragenden und unverkennbaren Stimme von Lee. So rocken Stücke wie "Nasty Boys", "Rock Candy", "Gotta Thing for You" oder "Shame" schon mal flott die nächste Party, während man immer wieder von der Hitdichte und den Hooks bei Songs wie "Tough Girls don't Cry", "Watcha do to my Body", "Rock the Hard Way" oder "Hands On" regelrecht überschüttet wird. Die Herzschlaghymne "Sweet Talk" kann ebenso überzeugen wie das groovige "Rebel Angel", während die Ballade "How Deep" dann doch etwas zu viel des Guten ist.

Alles in allem erlebt man auf "Bodyrock" Lee Aaron in Bestform. Liebhaber von 80's Rock und Metal haben die Scheibe eh bereits in ihrer Sammlung und schätzen sie als Evergreen. Aber auch allgemein Freunde von melodischem Rock sei dieser Klassiker wärmstens empfohlen. Wer möchte schon die kanadische Metal Queen in seiner Sammlung missen? Na also.

9 / 10

Credits: Attic Productions Limited 1989

Montag, 1. Juni 2015

A Matter of Class


IRON MAIDEN

A Matter of Life and Death

(Metal, Heavy Metal)


Kaum eine andere Band in der Geschichte des Heavy Metal hat sich dermassen in die Herzen gespielt wie diese Herren aus England - und dies praktisch ohne Airplay von Radiostationen. Weltweit gefeiert und dennoch bodenständig, ist ihr Einfluss auf die gesamte Metalszene unermesslich.

Wer gemeint hat, dass mit dem oft betitelten Magnum Opus "Seventh Son of a Seventh Son" der Zenit erreicht war und spätestens mit den beiden Alben der Bayley-Ära Iron Maiden zuweilen gar zu einer Mittelklasse-Band degradiert wurde, der hat die Rechnung ohne Auferstehung gemacht. Auferstehung in dem Sinne, dass Bruce und Adrian wieder zurück an Bord fanden und damit eine altbekannte Formation (zusätzlich um den dritten Gitarristen Jannick Gers erweitert) wiederbelebt und somit eine neue Maiden-Ära eingeläutet wurde. Mit "Brave New World" wurden dann auch alle Kritiker zum Verstummen gebracht, denn der angeblich glimmende Docht war nämlich alles andere als am erlöschen - im Gegenteil: Der Zündstoff, der die Flamme wieder zum lodern brachte, war nicht etwa ein unerklärliches Phänomen, sondern erfrischende Unbekümmertheit, um schlicht den Sound zu kreieren, der aus der Synergie dieser phantastischen Musiker einfach entsteht. Doch als beim Nachfolger "Dance of Death" vermehrt Anzeichen einer progressiveren Soundausrichtung wahrnehmbar wurden, trauerten viele bereits den alten und unsterblichen Klassikern nach und liessen sich mit dem neuen Material womöglich zu wenig Zeit. Was dann mit "A Matter of Life and Death" folgte, riss den Graben endgültig auf. Um nämlich Iron Maiden ab Anno 2000 zu verstehen, kommt man nicht drum herum, diesen Graben zu überqueren.


"A Matter of Life and Death" zeichnete sich nämlich bis dato als das sperrigste Album der Bandgeschichte aus. Auch wenn das Album mit "Different World" gewohnt flott und direkt in typischer Maiden-Manier eröffnet wird, bleibt man bereits bei den beiden folgenden Stücken hängen. Die mittlerweile progressivere Ausrichtung verlangt genaueres Hinhören und es ist im ersten Moment etwas frustrierend, wenn kaum eine Melodie hängen bleibt. Was soll das? Keine Bange, es ist immer noch 100% Iron Maiden, einfach kompakter, konzentrierter und komplexer. Bereits "The Pilgrim" ist das erste Beispiel dafür: obwohl der Song in seiner Einfachheit und Heavyness durchaus aus dem Powerslave-Album stammen könnte, ist er um seine Tempowechsel und mehreren verflochtenen Riffs und Hooks vielschichtiger. Auch sind die Stücke allgemein länger (10 Songs bei einer Gesamtspieldauer 72 Minuten!) und etwas düsterer und manchmal bedrückender, aber deswegen nicht minder kraftvoll gehalten. Songs wie "The Longest Day", "The Legacy" oder das fantastische "For the Greater Good of God" zeichnen sich durch einen eher ruhigen Aufbau, anspruchsvollere Strukturen und einer dichten Atmosphäre aus. Wer also bei den Vorgängeralben bei Songs wie "Hallowed be thy Name", "To Tame a Land", "Afraid to Shoot Strangers" oder dem Opus "Rime of the Ancient Mariner" (vor allem der Mittel- und Schlussteil) etwas abgewinnen konnte, der sollte mit der musikalischen Ausrichtung von "A Matter of Life and Death" eigentlich problemlos klarkommen.

Das klingt nun alles relativ komplex, sperrig und vielleicht auch etwas kopflastig. Doch die Tatsache, dass dieses Album in gerade nur 9 Wochen geschrieben, komponiert, geprobt und praktisch komplett live eingespielt und aufgenommen wurde, zeigt eindrücklich, über welche musikalische Professionalität, Fertigkeit und Spontaneität diese Band verfügt. Das Album klingt frisch, unverbraucht und wie aus einem Guss. Und auch wenn "A Matter of Life and Death" kein Konzeptalbum ist, so liegt der Scheibe dennoch die Thematik Krieg und Religion zugrunde, was vielleicht den etwas düstereren Sound erklären dürfte.

Abschliessend kann man sagen, dass die sechs Briten um Mastermind Steve Harris unaufhaltsam und treu ihre musikalische Odyssee weiterführen und mit "A Matter of Life and Death" zum wiederholten Mal die Referenzklasse erreichen, auch wenn man durchaus auch erst nach ein paar Ehrenrunden zu diesem Votum gelangen dürfte.

Punkte: 10 / 10

Credits: Iron Maiden Holdings Ltd. / EMI Records Ltd. 2006