Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Montag, 21. September 2015

Die perfekte Fusion von Pop und Metal


DEF LEPPARD

Hysteria

(Rock, Hardrock, Glam Metal)


Es gibt Alben, die man als Fan und Sympathisant von Rockmusik - oder generell von guter Musik - mindestens einmal im Leben gehört haben sollte. "Hysteria" von Def Leppard aus dem Jahre 1987 reiht sich da mühelos mit ein. Als Nachfolger von "Pyromania", welches der Band den kommerziellen Durchbruch verschaffte, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Und man musste sich ganze vier Jahre gedulden, während die Band selbst mit unangenehmen Schicksalsschlägen fertig werden musste: Wunschproduzent Mutt Lange war restlos ausgebucht und konnte erst Ende 1984 wieder engagiert werden. Doch dann verlor Drummer Rick Allen bei einem Autounfall den linken Arm, was die geplanten Aufnahmen vertagen liess. Allen wurde mit Hilfe der NASA ein spezielles Schlagzeug angefertigt, mit welchem er mit den Füssen die wichtigsten Funktionen bedienen konnte. Allerdings erkrankte Sänger Joe Elliott an Mumps, was die Aufnahmen bis weit ins Jahr 1986 verzögerte.

Vier Jahre können für eine Band eine lange Zeit sein, wenn man gerade erst noch als heisser Newcomer gefeiert wurde und plötzlich von der Bildfläche verschwindet. Und "Hysteria" tat sich anfänglich auch recht schwer, in einem völlig übersättigten Markt von grossartigen Rock- und Metal-Alben zu landen, sich durchzusetzen und aufzufallen. Doch die anfängliche Blockade wurde durch einen schier unvergleichlichen Siegeszug abgelöst, der sich durch die Single-Auskopplung von ganzen sieben Titeln zu einem totalen Verkaufsrenner steigerte.


Produktionstechnisch lieferte "Hysteria" für damalige Verhältnisse und Möglichkeiten die "Crème de la Crème". Auch wenn von Einigen als überproduziert verdonnert, so lässt sich die Klasse am Songwriting und vor allem an der Hitdichte nicht wegdiskutieren. Die damals noch jungen Briten, welche zusammen mit Saxon und Iron Maiden die New Wave of British Heavy Metal lancierten, spielen buchstäblich ihr ganzes Potential aus und bezaubern die Musikwelt mit tollen Refrains, die einem nicht mehr aus den Ohren gehen, und traumhaften Melodien und Klangfarben, welche einem selbst aus dem härtesten Alltag herausholen: Songs wie 'Animal', 'Hysteria', 'Armageddon it' oder 'Love and Affection' sind Rock-Evergreens, die man selbst nach Jahrzehnten immer noch leidenschaftlich mitsingt. Und auch wenn man mit Songs wie 'Rocket', 'Pour some Sugar on me' oder der Ballade 'Love Bites' streckenweise arg in den Pop-Kitsch abdriftet, darf man sich dafür umso mehr an den rockigeren und kantigeren Stücken wie 'Gods of War', 'Don't Shoot Shotgun' und 'Run Riot' freuen.

Def Leppard wurde mitunter auch schon als Pop Metal bezeichnet und im Falle von "Hysteria" könnte die Bezeichnung nicht treffender sein. Denn wenn es ein Album gibt, welches Pop der 80er und Metal perfekt vereinigt, dann dieses. Für mich jedenfalls eines der grossartigsten Hardrockalben aller Zeiten, welchem ich vermutlich nie überdrüssig sein werde.

Punkte: 10 / 10

Credits: Mercury / Phonogram 1987


Montag, 14. September 2015

Das traditionelle Feuer bewahren


[Im WebZine Whiskey-Soda veröffentlicht]


MILLENNIAL REIGN

Carry The Fire

(Metal, Heavy Metal, Melodic Metal, Power Metal)


Völlig unerwartet flattert einem das ansprechende Albumcover einer weitgehend unbekannten Band vor die Augen, welches von Felipe Machado Franco stammt. Der namhafte Künstler hat schon Artworks von Blind Guardian, Rhapsody of Fire oder Theocracy entworfen.
Millennial Reign wurde von ASKA-Bassist Dave Harvey als Soloprojekt gegründet. Auf der Suche nach den geeigneten Mitstreitern wurde bereits das Material für die erste Scheibe zusammengestellt, welche dann unter einem unabhängigen Label veröffentlicht wurde. Die Besetzung hielt aber nicht Bestand und so führte Dave den Schreibprozess zum zweiten Album alleine fort. Nach und nach vervollständigte sich ein neues Line-Up, mit James Guest (Eden's Realm) gewann man einen markanten Sänger. Das Signing durch das schwedische Label Ulterium Records verschaffte Millennial Reign professionelle Produktionsverhältnisse.


Während die erste Scheibe für den heutigen Standard wie ein äusserst gelungenes Demo klingt, aber bereits eine gewisse Klasse durchblitzen lässt, welche vor allem auf dem unwiderstehlichen Hard'n'Heavy-Vibe der 80er begründet liegt, passt man die Stilrichtung auf "Carry the Fire" etwas an und legt etwas an Härte zu. So klingt Sänger James Guest nicht nur zum Verwechseln ähnlich wie Geoff Tate, auch allgemein fühlt man sich in die Anfangszeiten von Queensrÿche versetzt - und dies sei als Kompliment vermerkt. Der galoppierende Anfangstrack 'Forever Changed', die groovigen 'Save Me' und 'Man Stand Alone' oder das rassige 'This Day' hätten perfekt in die "The Warning"-Ära gepasst. Doch auch das restliche Material zeichnet sich durch akkurates Songwriting aus, welches zwar den einen und anderen Durchlauf braucht, um richtig zu zünden. Doch die oftmals im typischen Maiden-Stil gehalten Gitarrenläufe und die allgemein eingängigen Refrains machen es einem relativ einfach, die Wiederholungstaste zu drücken.

Einmal in den Gehörgängen gelandet entfaltet sich "Carry the Fire" als eine durchweg lohnende Angelegenheit, welche Freunde der bereits erwähnten, frühen Queensrÿche besonders erfreuen wird. Doch auch wer allgemein im traditionellen US Metal der Marke Crimson Glory oder frühere Fates Warning zu Hause ist, dürfte an diesem Album seine Begeisterung finden. Zudem ist es allgemein immer wieder eine wohltuende Bereicherung zu erleben, dass auch von neuen Bands aus der traditionellen Metal-Ecke qualitativ hochstehendes Material geschmiedet wird. Bitte mehr davon!

Punkte: 7 / 10

Credits: Ulterium Records 2015


Freitag, 4. September 2015

Oparock? Von wegen...


[Im WebZine Whiskey-Soda veröffentlicht]


IRON MAIDEN

The Book Of Souls

(Metal, Heavy Metal)


Ende dieses Jahres, genauer genommen am 25. Dezember, wird die mittlerweile zur Metal-Institution herangewachsene Band Iron Maiden ihr 40stes Jubiläum feiern. Und eigentlich gäbe es jetzt Unmengen an Geschichten und Hintergrundwissen über dieses Phänomen zu berichten. Doch dafür empfiehlt sich wärmstens die DVD "The History of Iron Maiden Part 1: The Early Days" und die jeweiligen Doku-Fortsetzungen auf den DVDs "Live After Death" und "Maiden England '88" oder ganz einfach der Film "Flight 666".

Spricht man von Iron Maiden, herrscht zumindest in der Metal-Szene Ehrfurcht und allgemein im Musikbusiness Respekt. Ganze drei Dekaden hat man die Rockmusik verblüfft, begeistert, geprägt und mit unsterblichen Songs beschenkt. Generationen von Bands berufen sich auf die Eisernen Jungfrauen als ihr musikalisches Erbe und Maskottchen Eddie ziert nicht nur die Albumcover und ist während den Live-Shows ein wichtiger optischer Bestandteil, sondern geniesst auf der ganzen Welt Kultstatus.

Gibt es eigentlich etwas, was über Iron Maiden noch nicht erzählt wurde? Ach ja, das neue Album... Fünf Jahre liegen zwischen dem letzten Studio-Output "The Final Frontier" und dem heiss erwarteten "The Book of Souls". Fünf Jahre, während denen die mittlerweile an die 60 Lenzen klopfenden Herren einerseits mit der "The Final Frontier" Promo-Tour und zuletzt mit der beliebten und äusserst erfolgreichen Retro-Tour "Maiden England" die ganze Welt bereisten. Die Welt hat noch nicht genug Eisen, Alt und Jung feiern die immer noch motivierten und spielfreudigen Mannen, bis anfangs 2015 eine Nachricht die Metal-Welt in Atem hält: Bei Frontmann Bruce Dickinson wird ein Tumor auf der Zunge diagnostiziert - er unterzieht sich einer entsprechenden Behandlung. Das Album ist zwar bereits im Kasten, doch die Band beschliesst, den weiteren Prozess zu unterbrechen, bis über Dickinsons Zustand eine definitive Diagnose gegeben werden kann. Erst die erlösende Botschaft des besiegten Tumors führt die Herren wieder ins Studio, wo noch der letzte Schliff und schliesslich die Bekanntgabe des Releasedatums gegeben werden. Doch bereits beim Erscheinen der Vorab-Single 'Speed of Light' wurden die vielen Begeisterungsstürme durch das Gemecker der ewig Unzufriedenen getrübt.

Das erste Doppel-Album der Bandgeschichte (Live-Alben und Compilations ausgeschlossen) kündigte sich mit seinen monumentalen 92 Minuten und dem bisher längsten Stück (das 18-minütige 'Empire of the Clouds' löst den bisherigen Rekordhalter 'Rime of the Ancient Mariner' mit seinen grandiosen 13 Minuten ab) als ein weiterer harter Brocken innerhalb der progressiven Soundevolution von Iron Maiden an. Nicht alle Maiden-Fans der ersten Stunde konnten nämlich gleich gut mit der Entwicklung der Post-Reunion-Alben leben. Doch 'Speed of Light' donnert überraschend direkt, simpel und mitreissend aus den Boxen und man fühlt sich umgehend in die 80er-Ära versetzt. Aber das ist nur der Anfang...


Wer bei den letzten beiden Alben "A Matter of Life and Death" und "The Final Frontier" schon fast verzweifelt versucht hat, sich durch den sperrigen Soundnebel zu kämpfen, um Maidens Schätze auch in den progressiven Strukturen zu entdecken oder sich schlicht die Scheiben nahezu schönhören musste, der darf getrost sein: "The Book of Souls" führt diesen Weg nicht fort. Bereits der Opener 'If Eternity Should Fail' bleibt sofort im Ohr hängen und besticht nebst grossartigem Refrain durch die typische Instrumentalisierung und die zweistimmigen Gitarrenharmonien, die trotz ihrer Einfachheit Maiden zu dem gemacht haben, was sie Heute sind und deshalb diesbezüglich in einer eigenen Liga spielen lässt.
Und genau diese Einfachheit zieht sich durch das gesamte Album, welches zudem wieder durch eine etwas druckvollere Produktion daherkommt und die Trümpfe des 16. Outputs der Band klar offenlegt: Bruce ist in Höchstform und man würde nie im Leben darauf kommen, dass der gute Mann bereits während seinen Sessions einen Tumor auf der Zunge hat. Das Gitarrentrio Murray / Smith / Gers liefert sich ein Riff- und Solobattle par excellence und zeigt wahrscheinlich zum ersten Mal so richtig, wie man drei Gitarren markant und optimal einsetzt. Über den Rhythmusteppich Harris / McBrain braucht man sowieso keine weiteren Worte, das ist selbsterklärend genug. Einzig ein nicht unwesentliches Detail sei hierbei angefügt, welches vor allem das Songwriting betrifft: Mastermind Steve Harris hat sich auf "The Book of Souls" erstaunlich zurückgenommen und fungiert zwar bei sechs Songs als Co-Writer, überlässt aber bei den übrigen Songs die Feder hauptsächlich Bruce und Adrian Smith.

'The Red and the Black' ist die einzige reine Harris-Komposition auf dem gesamten Doppel-Album, aber was für ein Monument das ist! Ein 13-minütiger Marsch - den man durchaus als 'Rime of the Ancient Mariner - Part 2' bezeichnen könnte - der sich mit seinen Riffs, Solos und Mitsingparts nahtlos in die Reihe der ganz grossen Hits der Bandgeschichte einreiht und zu einem absoluten Live-Knüller werden dürfte. Cheers 'Arry!

Ebenfalls monumental (10:27 Min.), aber etwas sphärischer geht's im Titeltrack zu. Statt oft vorgeworfenes Recycling der eigenen Sachen, spielen Maiden hier in neuer Frische auf - herausragend. Überhaupt erlebt man auf dem gesamten Album eine spürbare Spielfreude und Inspiration, welche sich ohne progressive Umwege sehr direkt entfaltet. Knackige Nummern wie 'When the River Runs Deep', 'Death or Glory' oder das fantastische 'Shadows of the Valley' klingen auf den ersten Hörgenuss vielleicht austauschbar, doch hört man einmal die grossartige Instrumentalisierung und das einzigartige Zusammenspiel der Band heraus, wird schnell klar, auf welchem Niveau man sich befindet. Und auch bei den etwas ruhigeren Stücken 'The Great Unknown', 'Tears of a Clown' (übrigens eine Hommage an den verstorbenen Schauspieler Robin Williams) oder 'The Man of Sorrows' verliert man sich nicht in der Langeweile, sondern baut auch dort gekonnt ein Emotionsgerüst auf.

Und da wäre ja noch der Abschluss des Albums, 'Empire of the Clouds'. Meine Güte. Sowas hat man von Iron Maiden in dieser Form noch nie gehört: Piano, Violine und ein Einstieg, der wie aus einem Kinosoundtrack anmutet und dann eine Soundkulissenentwicklung, die einem während 18 Minuten nur noch Gänsehautfeeling verschafft. 18 Minuten mögen nach viel klingen, aber keine einzige Sekunde davon, in der das tragische Unglück des Verkehrsluftschiffs R101 musikalisch verarbeitet wird, ist zu viel. Schlicht meisterhaft!

Fazit? Nun, die Erwartungen an eine Band wie Iron Maiden sind verständlicherweise gross. Doch dass die sechs Briten in ihrem Alter noch imstande sind, während 92 Minuten ein solches Feuerwerk abzuliefern, hätte ich ihnen ehrlich gesagt nicht zugetraut. Nicht selten mit Freudentränen in den Augen komme ich auch nach dem wiederholten Durchlauf zum selben Schluss: besser als auf diesem Album kann Iron Maiden Anno 2015 nicht klingen. Kann sich "The Book of Souls" also gar mit den Klassikern aus den 80ern messen? Schwer zu prognostizieren, das wird der Test der Zeit offenbaren. Aber eines steht bereits jetzt fest: von der Post-Reunion-Ära ist "The Book of Souls" zweifellos das stärkste Album.

Ein Hoch auf diese grossartigen Herren! Long live the Irons!


Punkte: 10 / 10

Credits: Warner / Parlophone, Sanctuary Copyrights / BMG 2015