Aus einer Sammlung von:
- Aktuelle, sowie vergessene musikalische Perlen aus der Welt des Rock und Heavy Metal
- Lohnenswerte Filme
- Gedanken aus aktuellem Anlass

Freitag, 1. Mai 2015

Slovakia rocks - welch ein Sturm!


SIGNUM REGIS 

  Through the Storm (EP)

(Metal, Melodic Metal, Power Metal, Heavy Metal)


Wer eine Vorliebe für melodischen Power Metal europäischer Prägung hat, dem ist vermutlich in den letzten Jahren der Name Signum Regis nicht entgangen. In der Tat konnten sie mit ihrem letzten Werk "Exodus" und ein paar Live-Auftritten an kleinen Festivals in Europa durchwegs positiv auf sich aufmerksam machen. Dass die Slowaken aber davor bereits zwei Alben veröffentlicht hatten und mit praktisch identischer Besetzung auch mit den weiteren Projekten Vindex und Trigger nicht weniger erwähnenswerte Alben vorzuweisen haben, dürfte nur wenigen bekannt sein. Dass diese beiden Projekte eingestellt wurden, liegt daran, dass es mit dem jeweiligen Sänger aus Kapazitätsgründen nicht klappte. Auch die beiden ersten Signum Regis Alben wurden mit dem Schweden Göran Edman eingesungen, der sich aber letztendlich nur als Session- bzw. Gastsänger erwies. Und nachdem man für "Exodus" auf eine ganze Reihe von Gastsängern zurückgriff, um die verschiedenen Geschichtsthemen möglichst vielseitig auszudrücken, war die Frage nach dem geeigneten, fixen Sänger immer noch nicht gelöst. Erst bei den Proben für Liveauftritte entdeckte man mit Mayo Petranin einen versierten Mann, der schliesslich als festes Mitglied in die Band aufgenommen wurde.

Was während den Probesessions (von denen übrigens ein paar Songs davon offiziell auf Youtube kursieren) und den Liveauftritten bereits überzeugend klang, findet sich nun auf der vorliegenden EP als definitive Feuerprobe wieder und die meistert Mayo nicht nur bravurös, sondern geradezu tadellos. Sein Gesang bewegt sich weniger in den hohen Tonlagen wie die von Göran Edman und praktisch allen Gastsängern auf "Exodus", ist dafür voluminöser und nachdrücklicher. Das ist womöglich der Hauptgrund, weshalb sich die neuen Songs vom bisherigen Material unterscheiden: weniger verspielt, direkter und zugänglicher. Dies mag den Kenner des bisherigen Signum Regis Materials womöglich erstaunen, da die neoklassischen und leicht progressiven Elemente der beiden ersten Scheiben nicht mehr im Vordergrund stehen.

So legen die Herren mit "Living Well" schon mal los wie die Feuerwehr. Die auffallend glasklare Produktion ist dabei nicht nur ein regelrechter Ohrenschmaus, sondern offenbart die diskussionslose Klasse der einzelnen Musiker. So tanzt Gitarrist Filip Kolus nicht nur in atemberaubender Geschwindigkeit, sondern zudem äusserst präzise über die Saiten, verliert sich dabei aber nicht einen einzigen Augenblick in sinnfreier Dudelei. Seine fetten Riffs mit neoklassischem Einschlag und seine Solos sind einfach ein wahrer Genuss. Untermauert wird dies durch Bassist Ronnie König, der nicht einfach nur den perfekten Rhythmusteppich legt, sondern sich mit seiner Fertigkeit immer wieder Läufe erlaubt, die einer zweiten Gitarre gleichkommen - also etwas, das man vor allem von dominanten Bassisten wie Steve Harris kennt. Und da braucht sich Herr König mit seinem Geschick keineswegs zu verstecken. Das Tempo wird durch den Taktgeber Jaro Jancula vorangetrieben, der sich keine Blösse gibt und sich souverän durch alle möglichen Taktwechsel und Breaks hindurch knüppelt. Jan Tupy agiert als Keyboarder zwar nur im Hintergrund, verleiht aber den Hooks im richtigen Moment die nötige Veredelung. Und nicht zuletzt Sänger Mayo Petranin, der bereits nach den ersten Tönen klarmacht, dass er perfekt in die Soundkulisse von Signum Regis passt.


Konnte der Opener mit seiner Schlichtheit und den eingängigen Melodien punkten und durch die erfrischende Spontaneität überzeugen, wird mit "Through the Desert, Through the Storm" alles auf den Punkt gebracht, was eine Heavy Metal Hymne ausmacht: Treibende Riffs im Mitnicktempo und ein Refrain, den man spätestens beim zweiten Durchgang am liebsten lauthals mitsingen will:

...through the desert, through the storm, in sharp wind I go 
raging fire, driving rain, a wild hurricane 
days of sorrow are now gone, I'll soon find my home 
no, you cannot stop me now, I am on my way...

Und weil es so toll war, wird mit "My Guide in the Night" umgehend grossartig nachgedoppelt - einfach fantastisch, herrlich! Und wenn bei "Come and take it" das Tempo etwas zurückgehalten wird und man sich schon auf eine Verschnaufpause eingestellt hat, so wird man hier regelrecht in die 80er versetzt - mit Hooks, welche problemlos aus der Feder eines Desmond Child (Songwriter und Produzent für Kiss, Bon Jovi, Aerosmith, Alice Cooper u.a.) stammen könnten. Mit "All Over the World" offenbart sich dem Kenner schliesslich eine neue Version eines beliebten Songs aus dem eigenen Debutalbum, den man hier einerseits produktionstechnisch in glänzender Form hört, andererseits Mayos Stimme dem Song einen eigenen Stempel aufsetzt. Und zum Schluss gibt's noch eine Coverversion von Malmsteens "Vengeance". Wer jetzt meint, das Coverversionen immer im Schatten des Originals stehen und Yngwie eh eine Schuhnummer zu gross ist, der darf sich gerne durch die technischen Fähigkeiten der 5 Slowaken eines Besseren belehren lassen...

Donnerwetter, Wahnsinn! Ja, das waren die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf schossen, als ich diese EP zum ersten Mal hörte. Und selbst nach unzähligen Durchläufen fasziniert mich das Teil nach wie vor, versetzt mich in tolle Stimmung und ich kann kaum mehr aufhören, die Repeat-Taste zu drücken. Man spürt, wie viel Leidenschaft und Herzblut in dieses kleine Album geflossen sind und dabei nichts der blossen Zufriedenheit überlassen wurde: jede Note sitzt, jede Textzeile passt. Wer so grossartig komponiert und musiziert gehört einfach nicht länger unter den Scheffel, das wäre höchst sträflich.

Für mich jedenfalls der bisher beste Output von Signum Regis, welcher die Messlatte für den Ende dieses Jahres erscheinende Longplayer enorm hoch ansetzt. Aber wenn die Herren das Niveau der EP halten können, dann wird man es mit einem ernsthaften Kandidat für den engeren Kreis "Album des Jahres" zu tun haben - dafür bürge ich.


Punkte: 9.5 / 10

 Credits: Ulterium Records 2015

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen